Immer größer wird die Zahl der Schlossvereinsmitglieder, die ein eigenes Gewand besitzen. Einige Mitglieder unserer Gewand-Gruppe besitzen bereits mehrere Gewänder oder dazugehörige Ausstattungsstücke und Accessoires. Mit zunehmendem Wissen über die Mode im Mittelalter verändern und ergänzen wir im Laufe der Zeit unsere Gewänder, die fast alle selbst angefertigt worden sind.
Mit unseren Gewändern stellen wir vorwiegend Personen der Stände des Mittelalters in und um Taucha dar, die manchmal tatsächlich hier namentlich gelebt haben. Um aber ein möglichst umfassendes Bild von der Mode im Mittelalter zu erhalten, zeigen wir auch Personen aus anderen Teilen Sachsens und zum Teil auch darüber hinaus.
von Susanne Ullrich
In unserer Gruppen gibt es zwei unterschiedliche Gewänder für die Torwache.
Die Farbgebung rot/schwarz weist auf das Geschlecht derer von Haugwitz hin - die Familienfarben, ebenso die Applikation auf der Vorderseite der hellen Tunika, die die stilisierte Darstellung des Haugwitz´schen Wappens darstellt.
Die zweite Tunika ist in Mi-Parti (gegeneinander gesetzte Farben) gearbeitet, eine Verarbeitungsart, die ab dem 14. Jahrhundert verbreitet war. Die Länge der Obergewänder variierte. Unter dem Obergewand trugen die Herren ein Hemd - die Cotte -, bei Notwendigkeit auch das Kettenhemd.
Zur Ausrüstung gehörten in der Regel Hellebarde und Helm. Auch dabei gab es verschiedene Formen und Größen. Unter dem Helm trug man eine Bundhaube aus Leinen, um zu starkes Scheuern des ansonsten ungepolsterten Helmes zu dämmen. Auch ein Kettenschutz, der fast das gesamte Gesicht rahmte und schützen sollte, war üblich.
von Susanne Ullrich
Die Gewänder des Tauchaer Schlossvereins haben in der Zeit des 13. bis 17. Jahrhunderts ihren Ursprung und wurden, soweit als möglich, dem Original nachempfunden. Alle Gewänder sind Unikate, die überwiegend selbst angefertigt worden sind. Durch oftmals zahlreiche liebevolle gearbeitete Details machen die Gewänder ihre Träger unverwechselbar.
Aus der Vielfalt der Bekleidungen aus längst vergangenen Zeiten wollen wir hier zwei Damen des Bürgertums vorstellen.
Die Bürgersfrau Viktoria trägt ein langes Hängekleid in Blau mit roten Einsätzen und weißem Spitzenbesatz. Die weißen gepufferten langen Ärmel verleihen dem Kleid ein durchaus festliches Aussehen. Ein rotes Miederteil ergänzt das Ambiente. Unter dem Oberkleid trug man ein Untergewand, Cotte genannt, von einfachem Schnitt, welches zugleich auch als Schlafgewand genutzt wurde.
Den Kopf bedeckt ein Barett, welches von Männern ebenso getragen wurde als von Frauen.
Die Bürgersfrau Viktoria wird von Frau Karin Miedtank dargestellt.
Frau Vherena, dargestellt von Frau Uta Hromada, ist die Gemahlin des Leinewebermeisters Johann Gottfried Fischer, der aus Nürnberg kommend in Taucha einen Manufakturbetrieb und einen florierenden Tuchhandel aufbaute. Das Unternehmen existiert auch heute noch, weithin bekannt als Modehaus Fischer.
Sie trägt ein Kleid, welches in grün/beige gehalten und durch Bordüren geziert ist. Bemerkenswert an diesem Kleid sind die Kapuze und die Trompetenärmel. Im Vorderteil als auch im Rückenteil wurden sehr schöne Schnürungen eingearbeitet.
Den ledernen Gürtel, ein sogenannter Wikinger, schließt eine Schnalle. Auffällige auch die Doppelkopfnieten.
Ferner trägt Frau Vherena flache Schnürschuhe, eine im Spätmittelalter übliche Fußbekleidung, sowie als Zeichen ihrer Keuschheit einen Jungfernkranz.
von Susanne Ullrich
ist eine Person, die in Taucha in zwei großen Zeiträumen - 1348, 1351 und zwischen 1626 und 1680 - notwendigerweise ihrer unangenehmen Tätigkeit nachging.
Die Schutzkleidung für Pestärzte kam Anfang des 17. Jahrhunderts in Gebrauch. Ein langes Gewand, vom Hals bis zu den Knöcheln reichend schloss mit einer Haube ab. Die Gesichtsmaske in Form eines Schnabels war vorgeschrieben. Der Schnabel der Maske wurde mit Riechstoff gefüllt, um die Atemluft des Arztes vom Pestgift zu reinigen.
Als äußeres Erkennungszeichen mussten Personen, die Umgang mit an der Pest Erkrankten hatten, einen weißen oder roten Stab mitführen.
Unser Pestarzt wird von Frau Claudia Staats dargestellt.
von Susanne Ullrich
Das sehr schöne Gewand einer Adligen zeigt uns Frau Erika Wulf. Getragen wurde diese aufwändige Kleidung im 14. und 15. Jahrhundert vorwiegend in Adelskreisen. Die Gewandung trug den Namen Surcot, was in der Übersetzung aus dem Französischen so viel bedeutet wie „über der Cotte, dem Unterkleid tragen“ (sur cotte).
Das Kleid ist sehr körperbetont; bekannt sind auch Ausführungen mit Hängeärmeln und Schleppe. In unserem Beispiel wird der Surcot ärmellos getragen. Die Armlöcher wurden mit der Zeit immer größer, so dass sie den Blick auf das Unterkleid freigaben und damit auf die schmale Taille der Trägerin. Dies erregte bald den Unmut der Geistlichkeit, die diese Öffnungen Teufels- oder Höllenfenster nannte.
Die kegelförmige Kopfbedeckung trägt die Bezeichnung Hennin, hier mit einem Schleier komplettiert.
von Susanne Ullrich
Sehr vielfältig war die Bekleidung der Menschen über die Jahrhunderte hinweg. Während sich einige Bekleidungsstücke kaum veränderten gab es bei anderen teilen ständig Ergänzungen und Umwandlungen, teils in üppiger Formenvielfalt. Deshalb fällt es zuweilen auch nicht leicht, die Bezeichnungen der Gewänder und Gewandteile genau zu bestimmen.
Je genauer wir uns in der Gewandgruppe des Schlossvereines mit der Mode des Mittelalters beschäftigen, je tiefer wir in die damalige Zeit und deren Verhältnisse eindringen, umso verständlicher wird einerseits manches, anderes wieder verwirrender.
So gab es Kleiderordnungen und -vorschriften, in denen genau festgelegt war, was die einzelnen Stände zu tragen hatten; Stoffarten, Farben, Accessoire waren vorgeschrieben. So durfte beispielsweise eine Bürgersfrau keinesfalls die gleichen Stoffe tragen wie eine Adlige. Im Laufe der Zeit vermischten sich aber auch nach und nach die Kleidungsstücke, weil etwa die Dienstmagd der Adligen die abgelegten Kleidungsstücke derselben tragen durfte.
Hier möchte ich Ihnen die Marktfrau Adelheid vorstellen. Ihr Gewand stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Rock besteht ist zweigeteilt - ein brauner unterer Rock und ein beigefarbener Überrock, der seitlich offen und zur Seite gerafft werden kann. Das Material ist Wolle, ebenso der wärmespendende Umhang mir Kapuze. Am Gürtel hängt ein Gürtelbeutel aus rotem Samt. Das Oberteil wurde aus Leinen gefertigt. Das Vorderteil ziert eine Schnürung, die mit rotem Samt unterlegt wurde. Die Ärmel sind angenestelt (durch Schnüre abnehmbar). Als Kopfbedeckung trägt unsere Marktfrau wahlweise ein gebundenes Tuch oder eine Kappe.
Die Marktfrau wird von Frau Ursula Thiele dargestellt.
von Susanne Ullrich
Marlies Dannert zeigt uns das beeindruckende Gewand der Kräuterfrau Agnes.
Ihre zweiteilige Tracht wurde aus Leinen gefertigt und mit einem wollenen Umhang komplettiert. Die Kopfbedeckung ist ein Hennin, eine Art Spitzhaube mit weißem Schleier.
Da sich Kräuterfrauen mit allerlei Pflanzen, Rezepten und anderen Materialien bestens auskannten, Krankheiten heilen konnten und auch mit der Psyche der Menschen vertraut waren, wurden sie im frühen Mittelalter meist als Hexen bezeichnet. Ihr über die Jahrhunderte weitergegebenes Wissen, ihre Weisheit standen jedoch bei der Verbreitung des christlichen Glaubens im Wege. So wurden die „weisen Frauen“ oder Kräuterfrauen von der Kirche als das Böse, Unheil bringende, mit dem Teufel im Bunde stehende dargestellt. Die Weisheit musste dem Glauben weichen.
von Susanne Ullrich
Es gibt Gewänder die unsere Vereinsmitglieder tragen, die sind historisch genau nachgearbeitet, aber nicht schön anzuschauen. Sie waren reine Zweckbekleidungen (wie beim Pestarzt), um sich z. B. vor der Ansteckung bei Pestkranken zu schützen.
Wenn wir nun eine Hochzeitszeremonie vorbereiten, dann setzen wir diese Gewänder absichtlich nicht ein. Wir wollen doch die Hochzeitsgesellschaft nicht verschrecken.
Dafür besitzt unser Vereinsmitglied Claudia Staats nun ein Gewand, in welchem sie die Kaufmannsfrau Johanna Sophia darstellt. Dieses Gewand ist etwa in das 15. Jahrhundert einzuordnen. Zu dieser Zeit verwendete man in der Regel Leinen, Hanf und Wolle. Auch die Kleidung des Adels wurde aus diesen Materialien gefertigt, unterschied sich jedoch durch die Stoffqualität. Im frühen Mittelalter hatten die Kleider noch keinen richtigen „Schnitt“, da die Breite des Kleides durch die Breite des Webstuhles bestimmt wurde. Erst im 12. Jahrhundert wurden die Kleider nach Schnitten und Maßen gefertigt, die dann eine körperbetonte Mode zuließ.
Bei unserer Kaufmannsfrau weißt das Miederteil eine seitliche Schnürung auf, die die Figurbetonung ermöglicht. Die Ärmel sind nicht angenäht sondern angenästelt. Das Annästeln bietet die Möglichkeit, die Ärmel zu wechseln, z. B. lange oder kurze Ärmel anzulegen. Auch die Ärmel separat zu waschen, war ein Vorteil. Mittels Schlaufen oder Zierösen konnte der Ärmel durch Bänder am Miederteil befestigt werden. An unserem Gewand sind es kurze Ärmel mit Verzierungen aus Goldborde, Brokat- und Samtbändern. Durch das weiße Untergewand (franz. chemise) kommt die durchbrochene Verarbeitung besonders gut zur Geltung.
Nicht nur die Verarbeitung, auch durch die Verwendung von Farben zeigte man im Mittelalter seinen gesellschaftlichen Status. Die Angehörigen des Adels sowie die betuchten Kaufleute und besser gestellten Handwerker konnten sich gefärbte Tuche leisten. Blautöne waren beliebte Farben. Das Färbemittel war das heimische Färberwaid. Kräftiges Blau bekam man nur mit dem teuren Farbstoff der Indigopflanze.
von Susanne Ullrich
Das Amt des Scharfrichters war nicht alltäglich und galt über lange Zeit als unehrenhaftes Gewerbe. Es wurde über Generationen oft von ein und derselben Familie ausgeübt. Scharfrichterfamilien waren weitgehend untereinander versippt und verschwägert.
Der Scharfrichter verrichtete im Auftrag der Obrigkeit vielfältige Aufgaben, die weit über den allseits bekannten Vollzug der Hinrichtungen von zum Tode Verurteilten bestand. So war der Scharfrichter im Alltag als Hundefänger, Abdecker und Häutelieferant der Lohngerber tätig. Auch hatte er dafür Sorge zu tragen, dass keine Aussätzigen in die Stadt kamen.
Da der Scharfrichter häufig zu den verschiedenen Richtorten reisen musste und auch von anderen Herrschern angefordert wurde, kam er im Land herum. Dies nutzten viele Landesherren und Stadträte, um den Scharfrichter auch als Kundschafter, als Spion einzusetzen.
Dabei hatte es der Scharfrichter im Alltag nicht leicht. Von den meisten Menschen wurde er gemieden, denn man glaubte, dass bei einer Berührung mit dem Scharfrichter magische, unheimliche Kräfte frei würden. Im Wirtshaus durfte er nicht mit anderen Gästen an einem Tisch sitzen, nicht mit ihnen essen und trinken. Das Vieh der Scharfrichterfamilie durfte nicht auf den gleichen Weiden grasen wie das Vieh der anderen Höfe. Auch die öffentliche Badestube war für den Schafrichter tabu und in der Kirche saß er stets abseits der anderen Gemeindemitglieder.
Die Kleidung musste der Scharfrichter über viele Jahrzehnte mit roten, weißen und grünen Streifen kennzeichnen, damit er – wie es offiziell hieß – „abgesondert von ehrlichen Leuten erkannt werden könne.“ Dies galt auch für die weiteren Familienmitglieder des Scharfrichters.
In Leipzig gab es eine Scharfrichterfamilie Gebhardt; der erste Scharfrichter namens Peter Gebhardt übte seit dem Jahre 1491 seinen Dienst für den Hochweisen Rat zu Leipzig aus.
Im Schlossverein wird der Scharfrichter Hans Gebhardt von Vereinsmitglied Reinhard Geßner dargestellt.
Presseartikel